Portrait: Apostolos Apostolakis

Der König der Marktplätze

Apostolos ApostolakisJedes neue Jahr sollte man etwas Neues ausprobieren. Dieses Jahr habe ich mir vorgenommen, die Aktivitäten in der Startup-Szene etwas zu bündeln: Deshalb möchte ich künftig außer über einzelne Startups auch mehr über bestimmte Cluster oder einzelne Persönlichkeiten berichten, die durch ihr Wirken viel zum neuen Boom beitragen. Den Anfang macht heute Apostolos Apostolakis, der nicht nur ein Multi-Entrepreneur ist, sondern auch maßgeblich zur Formung des neuen griechischen Startup-Systems beigetragen hat.

Ich habe mit Apostolos zum ersten Mal Anfang 2013 gesprochen, also gerade mal ein paar Monate nach meinen ersten Blogbeiträgen. Damals ging es um Doctoranytime, der griechischen Plattform zur Vermittlung von Ärzten. Seitdem begegne ich ihm immer wieder – er ist eine zentrale Person im griechischen Startup-Ökosystem.

Angefangen hat alles im Jahr 1998: Amazon hatte gerade die erste internationale Webseite bereitgestellt, als er zusammen mit 2 Kommilitonen und noch während des Studiums keinen geringeren Anspruch hatte, als das griechische Amazon zu gründen. Gedacht, getan. E-shop.gr war seine erste Gründung und ist bis heute mit knapp 100 Millionen Euro Umsatz der größte Online-Shop Griechenlands. Die Krise hatte zwar zwischendurch auch hier ihre Spuren hinterlassen, aber inzwischen ist das Unternehmen wieder auf starkem Wachstumskurs. Eine echte Erfolgsgeschichte bis heute.

Aber das war erst der Anfang. Nach den ersten Jahren mit e-shop.gr wollte Apostolos etwas breitere Erfahrungen sammeln und seine Studien komplettieren und wechselte für einen MBA in die USA und dann zur Boston Consulting Group. Von 2004 bis 2008 war er wieder Vollzeit bei e-shop.gr, bevor er sich dann langsam aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat. Diese Erfahrungen haben ihm dabei geholfen, systematisch das noch ganz junge Startup-Ökosystem mit aufzubauen. So hat er beispielsweise zusammen mit den Organisatoren des Open Coffee Greece den ersten griechischen Fund (Open Fund I) aufgebaut. Der Nachfolger Open Fund II, für den er als Berater weiterhin aktiv ist, ist mittlerweile einer der wichtigsten Investitionsinstrumente der noch jungen griechischen Startup-Szene.

In jener Zeit hat er sich auch zum ersten Mal als sogenannter „Angel“ an anderen Startups beteiligt. Das prominenteste Beispiel ist sicherlich Taxibeat, über das ich ja hier auch schon berichtet habe. Danach ging es Schlag auf Schlag weiter: Als Gründer und bzw. Investor mit e-food.gr, dem inzwischen größten griechischen Lieferservice in Griechenland (2011), Doctoranytime (2012) und seit letztem Jahr mit e-table zur Reservierung von Tischen in Restaurants, nannuka, ein Marktplatz für Nannies, Funkmartini zur Vermittlung von Kosmetik-Dienstleistungen oder 100mentors, eine Plattform zur Vermittlung von Mentoren, die ich ebenfalls hier im Blog beschrieben habe.

Bei all seinen Gründungen handelt es sich um sogenannte Virtuelle Marktplätze (e-marketplaces), also Portale, die irgendetwas zwischen Produzenten/Dienstleistern und Konsumenten vermitteln. Seien es Tische im Restaurant, Mentoren oder eben Nannies. Damit ist Apostolos Apostolakis in Griechenland sicherlich der „König der Marktplätze“. Und das Beste: Bei all seiner Zielstrebigkeit ist er sehr sympatisch und hilfsbereit, mit dem man sich gut über alle Mögliche unterhalten kann.

„Bisher habe ich mich vor allem auf den griechischen Markt konzentriert. Das ist zwar ein kleiner Markt, aber er hat einen wesentlichen Vorteil: Man kann über Jahre unter dem Radar der Großen dieser Welt fliegen und damit starke Unternehmen aufbauen“ so Apostolos zu seinem Ansatz. „Seit 2014 konzentriere ich mich zusätzlich auf den Aufbau von internationalen Marken“, so Apostolos weiter. Das zeigt auch die internationale Ausrichtung beispielsweise von nannuka und 100mentors.

Ich wünsche ihm dabei viel Glück und immer ein gutes Händchen. Ich bin mir sicher, wir werden noch einige Gründungen sehen, die Apostolos Apostolakis Handschrift tragen.

Apostolos Apostolakis_Presentation

Doctoranytime

Gute Verbesserung!

Ich gehe sehr selten zum Arzt. Wenn es mich dann doch mal erwischt, bin ich meist aufgeschmissen, weil ich keine Ärzte kenne, und muss erst mal bei Freunde fragen, ob sie mir einen Arzt empfehlen können. Und ob ich dann schnell einen Termin bekomme? Wenn ich im Ausland bin, wird das Ganze noch komplizierter: Wo finde ich einen Arzt, der mir helfen kann und dem ich vertrauen kann?

Arzttermin auf Knopfdruck

doctoranytime_Startseite

Das griechische Unternehmen Doctoranytime ist seit September 2012 dabei, genau dieses Dilemma zu lösen. Der Dienst ist als Social Marketplace konzipiert, auf dem sich die Ärzte vorstellen, die Patienten sich online einen Arzt aussuchen, über die Plattform einen Termin buchen und den Arzt natürlich auch bewerten können. Die Filterung der Ärzte läuft nach Stadtteil, Spezialisierung und Krankenkasse. Eine echte Verbesserung bei der Suche nach Ärzten im In- und Ausland.

doctoranytime_Beispiel

Hier noch ein kleines Video, in dem die Idee von Doctoranytime vorgestellt wird (auf Griechisch):

Die Gründer

Die Hauptschwierigkeit beim Aufbau solcher Markplätze, vor allem wenn sie wie in diesem Fall sehr regional sind (wer will schon 2 Stunden zum Arzttermin fahren), ist es, schnell eine große Angebotsbasis in bestimmten Regionen zusammen zu bekommen. Beim Aufbau von Doctoranytime war das nicht anders und da hat es sicher geholfen, dass die drei Gründer viel Erfahrung aus komplementären Branchen mitbringen, die optimal zu Doctoranytime passen.

doctoranytime_Gründer

Für Apostolos Apostolakis, mit dem ich auch am Telefon gesprochen habe, ist es bereits das vierte Unternehmen, das er aufbaut. Er hat sich schon beim Aufbau von Taxibeat eingebracht, e-shop.gr mit aufgebaut, einen sehr erfolgreichen Online-Shop in Griechenland, und e-food.gr mitgegründet, eine Plattform für Essenslieferungen von Restaurants (vergleichbar mit Lieferservice.de in Deutschland). Er weiß also sehr gut, wie man eine solche Plattform aufbauen kann. Eleftheria Zourou bringt 10 Jahre Marketing-Erfahrung bei Procter & Gamble, Lambrakis und L’Oreal mit ein. Last, but not least gehört Maher Cherfan zum Team. Er ist auch Geschäftsführer der CCMgroup in Südosteuropa, die medizinische Ausstellungen und Konferenzen in Griechenland, der Türkei, im Nahen Osten und in Nordafrika organisiert und über 20 verschiedene medizinische Fachzeitschriften herausbringt. Bei diesem Team bin ich mir sicher, dass bald jeder Arzt und jeder Patient in Griechenland Doctoranytime kennt.

Das Geschäftsmodell

Dieses geballte Know-how hat dazu geführt, dass Doctoranytime in nicht einmal 6 Monaten bereits mit über 1.600 Ärzten zusammenarbeitet, 80.000 Besucher im Monat hat und ca. 50 Arzttermine am Tag über Doctoranytime in Griechenland vereinbart werden. Interessant finde ich auch, dass Doctoranytime nicht jede Buchung einzeln abrechnet, sondern über einen Pauschalbetrag geht, den die Ärzte monatlich zahlen. Damit bleibt der Dienst für die Patienten kostenlos und Ärzte haben kalkulierbare Nutzungskosten.

Ausbau und Internationalisierung

Aktuell ist der Dienst von Doctoranytime nur in Griechenland verfügbar und die Mehrsprachigkeit, z. B. für Deutsch und Albanisch, wird nur über eine Google-Übersetzung bereitgestellt. Noch während wir telefonierten, hat Apostolos die deutsche Oberfläche freigeschaltet. „Neben dem systematischen Ausbau des Dienstes in Griechenland und der Erweiterung um beispielsweise mobile Dienste, verfolgen wir aktuell zwei zentrale Strategien: Zum einen wollen wir Doctoranytime internationalisieren und in anderen Mittelmeerländern, wie Spanien, Italien, der Türkei und in den arabischen Ländern anbieten. Zum anderen denken wir gerade verstärkt über das Thema medizinischen Tourismus nach“, so Apostolos Apostolakis. „Von Taxibeat haben wir gelernt, wie ein solcher Dienst mit Bewertungen auch eine neue Ebene an Vertrauen und Sicherheitsgefühl geben kann, etwas, dass wir erst recht im medizinischen Umfeld benötigen“.

Ich bin gespannt wo die Reise noch hingeht. Für den nächsten Griechenlandurlaub heißt es auf jeden Fall mal: Internetadresse doctoranytime.gr merken – für den Fall der Fälle.

zerofund

Guter Rat ist wichtiger als Geld

In der Startup-Szene wird viel über Geld geredet. Wer finanziert mir das? Wie komme ich an Investoren? Oder auch einfach nur: Wie werde ich reich? Dabei weiß vermutlich jeder, der mal ein Unternehmen gegründet hat, oder es versucht hat, dass Geld bei weitem nicht alles ist. Es gibt auch genug Beispiele von Unternehmen, die quasi ohne Anfangsfinanzierung erfolgreich waren.

Wichtiger als Geld ist die Erfahrung oder der Zugang Netzwerken und Personen mit Erfahrung. Um genau diese Lücke zu schließen und auch sehr jungen technisch begeisterten Griechen zu helfen, denen das Netzwerk und die Erfahrung fehlt, wurde die Initiative zerofund ins Leben gerufen.

Die Idee

zerofund_start_page

Die Idee geht auf John Vlachoyannis von bugsense und Yiannis Varelas von weendy zurück. Beide haben das Unternehmertum auf die harte Tour gelernt, als sie vor einigen Jahren alles stehen und liegen ließen und ihre Unternehmen gegründet haben. Inzwischen sind beide Unternehmen auch ausreichend finanziert und entwickeln sich erfolgreich zwischen Griechenland und den USA. Dennoch trieb die beiden seit einiger Zeit die Idee um, auch anderen griechischen Startups zu helfen, und sie fingen an, mit Investoren und anderen Mentoren über die Idee von zerofund zu diskutieren – eine Art Netzwerk- und Mentorenprogramm für junge Unternehmer.

Die Grundidee ist quasi eine Hilfe zur Selbsthilfe: Innerhalb von 3 Monaten sollen die vielversprechendsten Geschäftsideen bei ihren ersten Schritten durch Mentoren begleitet werden. Jeder, der in Griechenland eine Geschäftsidee hatte, konnte sich bis Ende Januar bei zerofund bewerben. In mehreren Phasen werden die ausgewählten Kandidaten von der ersten Präsentation bis zu einer Beta-Version begleitet. Einer der Kandidaten hat darüber hinaus am Ende der Beratungsphase eine garantierte Finanzierung von Mind the Bridge, einem Investor, der auch schon in Weendy investiert hat, und wird 3 Monate in den USA verbringen.

Die Mentoren

Inzwischen haben sich noch weitere erfolgreiche griechische Gründer von der Idee begeistern lassen und so sind neben bugsense und weendy auch Hellas Direct, Taxibeat, e-shop, e-food, Doctoranytime, Visionmobile und weitere mit dabei. Besonders wertvoll ist vermutlich auch der Rat von erfahrenen Geschäftsleuten wie Alex Gounares, dem ehemaligen VP von Microsoft und CTO von AOL, oder Tassos Roumeliotis von Location Labs, die die Initiative als Mentoren unterstützen.

Die Phasen

zerofund hat offensichtlich einen Nerv getroffen und das Interesse war von Anfang an groß. In der ersten Phase, die bis Ende Februar 2013 ging, haben sich 154 potentielle Gründer beworben, die aufgefordert wurden, eine erste Landing-Page (Webseite) zu erstellen, in der sie ihre Idee professionell, mit Vorstellung des Teams, Video etc. präsentieren.

In der zweiten Phase mussten sie zwei Wochen lang eine möglichst professionelle Vermarktung der Idee starten und beispielsweise „likes“ auf Facebook sammeln, aber auch Spielgeld von Freunden, Bekannten, Interessenten und Familie sammeln, die die Ideen unterstützen.

Am Ende der zweiten Phasen wurden dann 12 Unternehmen ausgewählt, die auf einem gemeinsamen Event ihre Idee vorstellen haben. Neben der Präsentation der Idee war das Hauptziel, eine erste Mini-Finanzierung zu bekommen und zwar nicht für das Unternehmen selbst, sondern für den Arbeitsplatz in einem der beteiligten Coworking-Spaces (Colab, 123P), die den Teilnehmern kostenlos eine Infrastruktur zur Verfügung stellen. „Am spannendsten war es zu sehen, wie Freunde und Bekannte, die eigentlich mit Startup-Finanzierungen noch nie etwas zu tun hatten, ihre Favoriten unterstützt haben, in dem sie 10 oder 20€ in das Startup investiert haben“, so Panos Papadopoulos von bugsense, der die Initiative auch aktiv unterstützt.

In der aktuellen dritten Phase haben die Startups jetzt einen Monat Zeit, einen ersten Piloten zu entwickeln, um ihn dann noch einmal in großer Runde und vor echten Investoren vorzustellen. Die ganze Zeit werden sie mit Rat und Tat von den Mentoren begleitet.

Über diese systematische Begleitung und das Mentorenprogramm sollen die Jungunternehmer lernen, ihre Botschaft möglichst einfach zu vermitteln, oder, wie es John Vlachoiannis in einem Interview bei der Zeitrschift EMEA sagte: „Wenn du deine Mutter nicht von der Idee überzeugen kannst, wie willst du dann einen Investor überzeugen?“ (Interview auf Griechisch in EMEA). Darüber hinaus lernen sie, erste Schritte im Marketing zu gehen. Wie mache ich auf mich aufmerksam? Wie komme ich an potentielle Nutzer? Und am Ende steht natürlich, dass das Produkt möglichst schnell auf den Markt muss, um dort auch getestet zu werden.

Das Finale

Von den 12 Startups wird eins sofort von Mind the Bridge finanziert. 3 weitere kommen auf die Short-List und haben auch die Chance, finanziert zu werden.

Ich habe mir die Startups angeschaut. Viele sind sicher noch sehr rudimentär, aber einige haben ein echtes Potential. In jedem Fall bin ich mir sicher, dass alle viel bei diesem Programm lernen. Den Sieger werde ich auch hier auf dem Blog vorstellen.

Would you have invested?

Besuch in der Startup-City Athen

Ich kann mich noch daran erinnern, als vor vielen Jahren ein Bild als E-Mail die Runde machte. Es war ein Foto  mit dem Titel „would you have invested?“, auf dem eine Gruppe mit 11 Personen gezeigt wurde, die bei der Gründung oder sehr früh bei Microsoft dabei waren (das Bild gibt es übrigens hier: http://www.museumofhoaxes.com/photos/microsoft.html).

Irgendwie musste ich letzte Woche an dieses Bild denken. Ich war für ein paar Tage in Athen meine Eltern besuchen und habe mir gedacht, ich schau mal bei den Innovatoren vorbei, über die ich hier im Blog geschrieben habe. Da es doch schon eine ganze Menge waren, gab mir Christina Tsakona (übrigens eine Rechtanwältin, die sich auf Startups spezialisiert hat) den Tipp, doch alle ins 123p einzuladen, einem Arbeitsplatz für Startups  und sehr schönen Räumen im Zentrum von Athen.

Gesagt, getan. Ich habe mich sehr gefreut, dass sehr viele „meiner Eulen“, aber auch ein paar neue Gesichter dabei waren. Im Laufe des Abends kamen ca. 20 Gründer und wir hatten ein sehr schönes Treffen mit vielen Diskussionen über Griechenland, Deutschland, deren Beziehungen und Möglichkeiten und natürlich über griechische Startups.

Irgendwann zwischendrin haben wir ein Foto gemacht. Ich würde mich freuen, wenn es in 5 oder 10 Jahren auch einmal die Runde macht und sich einige ärgern, nicht früher investiert zu haben:

Whould you have invested in greek startups?

Whould you have invested in greek startups?

Vordere Reihe (von links nach rechts) : Nick Tsamis (eventora),  Ioannis Sclavos (123p), Dimitris Tsirikos (jupitee),  Christina Tsakona (Startup Rechtsanwältin),  Nektarios Sylligardakis (erasus),  konstantinos kyranakis (yepp),  George Terezakis (radiojar)

Hintere Reihe (von links nach rechts): Wassilios Kazakos (ich), George Giannakeas (warply), Gregory Zontanos (locish),  Alexandros Trimis (dopios),  Nikos Anagnostou (scicada, metablogging.gr),  Kostas Arkadas (parking defenders), Apostolos Apostolakis (e-food.gr, e-shop.gr, taxibeat, doctoranytime)

Das Foto hat übrigens die Journalistin Elina Makri mit meinem iPhone gemacht und einen sehr netten Beitrag über mein Blog und mich bei Dialogger.eu der Konrad Adenauer Stiftung geschrieben (auf Griechisch).

Ich freue mich über so viel Interesse und vor allem so viel Unternehmergeist. Ich bin sicher, dass wir das wiederholen werden.