Fleksy

Magische Tastatur für Blinde, Blindschreiber und alle, die sich auf den verdammt kleinen Smartphone-Tastaturen andauernd vertippen

Neue Technologien wirken manchmal wie Magie, oder wie es Arthur C. Clark im dritten Clarkschen Gesetzt formuliert: „Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.“

Seit Steve Jobs das tastaturlose Telefon erfunden hat, verzweifeln ganze Generationen T9-gewohnter Viel-SMSler oder Blackberry-Manager, die sich plötzlich bei dem tapsigen Getippe auf ihrer Mini-Tastatur völlig uncool fühlen. Ernster ist das Ganze für Blinde, die an den glatten Edeltelefonen überhaupt keinen Anhaltspunkt mehr haben, wo sich die einzelnen Buchstaben befinden.

Die beiden griechischen Unternehmer und Gründer von Syntellia, Ioannis Verdelis und Kostas Eleftheriou, haben sich dieser Herausforderung angenommen und wollen mit Fleksy eine Tastatur für Smartphones schaffen, die sogar noch Worte erkennt und vorschlägt, wenn man alles falsch getippt hat.

Fleksy_understanding_magic

Wie wild auf dem Display tippen und trotzdem richtig schreiben

Autokorrektur bei kleineren Tippfehlern kennt man schon von klassischen Office-Programmen. Die Forschung hat sich jahrelang auf klassische Keyboards gestützt und wurde vermutlich kalt erwischt, als man ihr die Keyboards sprichwörtlich unter den Fingern weggezogen hat. Es gibt zwar bereits erste Ansätze, das Problem zu lösen, wie Swiftkey oder Swype, bei denen man auf der Tastatur wischt, statt zu tippen, aber Fleksy setzt noch einen drauf.

Wenn man sich die beiden Videos anschaut, kommt man aus dem Staunen gar nicht mehr heraus:

Und noch verrückter ist dieses Interview mit TechCrunch, bei dem die beiden Gründer das Keyboard in der neuesten Beta-Version gleich ganz verschwinden lassen:

Die Technologie hinter der Magie

Auch wenn die Versuchung groß ist, an Magie zu glauben, wenn jemand ohne Tastatur auf dem Bildschirm tippt und dabei noch sinnvolle und korrekte Sätze schreibt – es gibt natürlich einen technologischen Ansatz dahinter. „Wir haben uns eigentlich mit neuen Ansätzen im Bereich der Bilderkennung beschäftigt und da ist Kosta aufgefallen, dass der Ansatz viel besser für Tastaturen passt“, so Ioannis Verdelis. „In Ergänzung zu zahlreichen anderen Algorithmen versucht Fleksy zu verstehen, wo der Benutzer gerade den Buchstaben auf der Tastatur vermutet, statt sich an der tatsächlichen Position zu orientieren“, erklärt Ioannis. Hintergrund ist, dass jedes Wort ein einmaliges Muster auf der Tastatur bildet, also beispielsweise das Wort „banana“. Fleksy versucht daher diese Muster, die der Benutzer auf die Tastatur tippt, zu erkennen und Wörtern zuzuordnen. Das führt dazu, dass selbst, wenn man alle Buchstaben falsch tippt, Fleksy immer noch erkennt, was man eigentlich eingeben wollte.

Im folgenden Bild habe ich mal versucht, das zu verdeutlichen:

Banana

Zusätzlich bietet Fleksy noch einige Hilfsmittel an. So schlägt Fleksy weitere Worte vor, die man durch schieben nutzen kann, und, was besonders hilfreich für Blinde ist, Fleksy liest die Eingaben und Interaktionen vor (ein Feature, dass man als Sehender natürlich ausschalten kann). Im Netz habe ich noch ein nettes Video von einem Blinden gefunden, der gerade Fleksy ausprobiert:

Das Unternehmen und die Gründer

Das Unternehmen hinter Fleksy heißt Syntellia und wurde von Kostas Eleftheriou und Ioannis Verdelis erst 2012 gegründet. Beide sind in Athen zur Schule gegangen und kennen sich seit über 10 Jahren aus ihrer gemeinsamen Studienzeit.

Gründer bei der Arbeit

Während Ioannis sehr erfolgreich als Unternehmensberater in England gearbeitet hat, hat Kostas erste Startups in den USA gegründet. Unter anderem auch BlindType, das sich ebenfalls mit der Verbesserung des Tippens auf Tastaturen beschäftigt hat, und das Google 2010 samt einiger Konzepte in dem Bereich gekauft hat.

Übrigens: Obwohl Fleksy als App zur Verfügung steht, ist das eigentliche Unternehmensziel, die Technologie an Hersteller und Telekommunikationsanbieter zu lizenzieren, sodass sie irgendwann auf jedem Smartphone integriert wird. Aktuell gibt es neben der englischen noch eine spanische Version. Eine deutsche Variante ist in Planung.

GoodLuck

dopios

Ein Freund zeigt dir die Stadt, die er liebt

Die paar Tage in Wien über Silvester waren toll und wie immer viel zu kurz. Das Beste für mich an Wien und natürlich auch an vielen anderen Städten ist, dass ich dort Freunde habe, die allein schon den Besuch wert sind, und die einem auch die Stadt aus ihrer ganz eigenen Sicht zeigen können. Wäre es nicht toll, wenn man in jeder Stadt einen begeisterten Einheimischen hätte, am besten noch mit ähnlichen Interessen wie man selbst?

Genau das müssen sich die Gründer Alexandros Trimis, Nikos Sarilakis, Anand Henry und Manolis Kounelakis gedacht haben, als sie dopios gründeten. „Dopios“ ist das griechische Wort für „Einheimischer“ (engl. „local“) und verbindet über einen sozialen Marktplatz einheimische Enthusiasten mit Besuchern einer Stadt.

dopios_athen

Erlebe eine Stadt mit Freunden und Gleichgesinnten

„Im Vordergrund von dopios steht die interessante Erfahrung für den Reisenden und der Stolz der Einheimischen, ihre Stadt zu präsentieren“ erklärt mir Alexandros Trimis. Es geht also weniger darum, schnell viel Geld als Führer zu verdienen, sondern darum, interessant Leute kennen zu lernen und etwas Besonderes in einer Stadt zu erleben. Hier bietet ein Einheimischer natürlich ganz andere Einblicke in „seine“ Stadt, als ein Reiseführer. Dabei ist es egal, ob es Ausflüge an besondere Orte sind, Essen bei einer Familie vor Ort, gemeinsames Olivensammeln, ein Kurztrip auf einer privaten Yacht oder eine kleine Motorradtour mit einem Redakteur einer lokalen Motoradzeitschrift, wie im folgenden Video des BBC:

Über die zentrale Webseite www.dopios.com werden sukzessive immer mehr Städte freigeschaltet. Aktuell kann man sich schon bei Einheimischen in Athen und San Francisco melden.

Weit mehr als ein Fremdenführer

dopios ist mehr als ein Fremdenführerportal: „Wir legen sehr viel Wert auf die Qualität der Angebote und haben einen Bewerbungsprozess, über den wir steuern, welche Personen sich bei dopios registrieren“ so Alexandros Trimis. Sie wollen damit vor allem Personen gewinnen, die aufgrund ihrer Interessen auch ein außergewöhnliches Angebot unterbreiten können. So werden die dopios-locals (oder auf Griechisch dopioi) nach Kategorien wie „Kunstliebhaber“, „Shopper“, „Nachteule“, aber auch „Techie“ klassifiziert. Warum sich nicht mal mit einem Hip-Hopper ins Nachtleben von San Francisco stürzen, mit dem Gründer von bugsense eine Bike-Tour durch die Wälder um Athen machen oder mit dem Gründer von Cookisto einen Spaziergang zur Akropolis (sie sind tatsächlich alle bei dopios registriert). Sie haben bestimmt viel Interessantes zu erzählen und auf jeden Fall etwas anderes als eine „normaler“ Fremdenführer.

dopios_rob nasty rocker

Das Unternehmen und die Gründer

Auch wenn der Name „dopios“ supergriechisch ist, müsste ich eigentlich von einem griechisch-amerikanisch-indischem Unternehmen reden. Die beiden Gründer Alexandros Trimis und Nikos Sarilakis haben in Thessaloniki studiert und sind dann nach San Francisco gegangen, wo sie in unterschiedlichen Unternehmen gearbeitet haben. Dort haben sie auch den dritten Gründer Anand Henry kennengelernt, der ursprünglich aus Indien kommt, und gemeinsam das Unternehmen gegründet. Alexandros wird jetzt seine Basis in Athen aufbauen, während Nikos und Anand weiter von San Francisco aus operieren. Wenn Anand dann noch die Basis in Indien aufbaut, haben wir schon ein weltumspannendes Unternehmen 😉

Angefangen hat dopios übrigens mit einem kleinen Facebook-Experiment, in dem sie die Idee vorgestellt haben. Als sie nach 4-5 Tagen bereits über 1000 „Likes“ hatten, haben sie beschlossen loszulegen. Die erste Zeile Code wurde am 10.01.2012 geschrieben, also genau vor einem Jahr und seit Dezember sind sie in der privaten Beta-Phase, um der Anwendung den letzten Schliff zu geben. Athen und San Francisco sind startklar, Istanbul und London sind als nächstes dran. Wenn du deine Stadt liebst und dopios für deine Stadt anbieten willst, dann kannst du dich auch über die Webseite bei den Gründern melden.

Wo ist eigentlich die deutsche Presse?

Neben der griechischen Presse sind auch schon die BBC und der Guardian auf dopios aufmerksam geworden. Wo bleibt eigentlich der Spiegel, die FAZ, die Zeit, der Stern oder meinetwegen auch die Bildzeitung? Ich würde mich freuen, wenn ich mal über so spannende Themen in Deutschland lesen würde und nicht alles selber schreiben müsste.

Wenn dopios nach Karlsruhe kommt, melde ich mich an – versprochen!

Daily Secret

Jede Stadt hat ihre Geheimnisse

Ich habe mich oft gefragt, was für mich die Faszination einer Großstadt ausmacht. Es sind selten die „großen“ Sehenswürdigkeiten, sei es die Akropolis in Athen, der Eifelturm in Paris oder die Freiheitsstatue in New York. Vielmehr sind es die kleine Dinge, die man entdeckt, wenn man Bekannte in der Stadt hat, die sich auskennen, oder auf die man durch Zufall stößt, wenn man mehr oder weniger aus Versehen von der Hauptroute abgekommen ist. Es sind die Geheimisse einer Stadt, die vielleicht nur für kurze Zeit erscheinen oder die im Mainstream kaum Beachtung finden, aber umso mehr die Erinnerungen an einen Ort prägen.

So ist es uns ergangen, als wir mitten in Seattle ein kleines Lokal am Wasser entdeckt haben und plötzlich voller Verwunderung in eine andere Welt eintauchten, obwohl wir mitten in der Stadt waren. Oder in Nafplion als wir ins „Lathos Cafe“ gestolpert sind, das zunächst wie ein Trödelladen anmutet und sich dann eher als ein privates Medienkunstmuseum entpuppt, in dem man zwischen lauter selbstgebauten mehr oder weniger sinnfreien Apparaturen seinen Drink nimmt.

So oder so ähnlich muss es auch den Gründern des griechischen Unternehmens Daily Secret ergangen sein, als sie trotz aller aktuellen Problem in Griechenland (oder gerade deshalb) die Schönheit der Stadt in den kleinen Geheimnissen und verwunschenen Orten gesucht und gefunden haben. „Die ursprüngliche Idee stammt von Nikolaos Iosif Kakavoulis. Er hat irgendwann als Good-Karma-Initiative angefangen, in einem WordPress-Blog über seine persönlichen Tipps aus Athen zu schreiben. Er wollte zeigen, warum er sich trotz aller Probleme freut, in Athen zu leben“ sagt Phaedra Chroussos, die zusammen mit Nikos Daily Secret gegründet hat.

Beispiel_Secret aus Athen

Die Idee

Die besten Ideen sind oft ganz einfach: Über die Webseite und per E-Mail veröffentlicht Daily Secret regelmäßig ausgewählte Geheimtipps zu einer Stadt. Wer seine Stadt immer wieder neu entdecken will oder in einer fremden Stadt ist und ab vom Mainstream die Stadt erkunden will, bekommt ausgewählte Empfehlungen zu allem, was die Stadt besonders macht. Dabei geht Daily Secret sehr selektiv vor, ohne die Abonnenten mit Informationen zu überfluten.

Wenn man sich über www.dailysecret.com anmeldet, kann man noch einstellen, welche Städte einen interessieren und in welcher Sprache man die Tipps bekommen will. Da hauptsächlich die Bewohner einer Stadt selbst die Zielgruppe sind, gibt es die Geheimnisse in der Landessprache und auf Englisch.

In jeder Stadt haben sie Insider, die die Geheimnisse aufspüren. Sie werden von einem zentralen Team dabei unterstützt, die Geheimnisse so zu formulieren, damit sie die Qualitätsansprüche von Daily Secret erfüllen. Inzwischen haben sie 68 unterschiedliche Arten von Geheimtipps und eine Vorgehensmodell, in dem die Schritte zur Beschreibung eines Geheimnisses systematisiert sind.

Vom guten Karma zum ausgewachsenen Geschäftsmodell

Was als Good-Karma-Initiative angefangen hat, hat sich inzwischen zu einem ausgewachsenen Geschäftsmodell entwickelt und Daily Secret expandiert fleißig. Stand heute sind es 21 (!) Städte, weltweit hat das Unternehmen bereits über 600.000 Abonnenten. Bis März sollen es eine Million werden. Neben Athen, Thessaloniki  und Zypern kann man Geheimnisse über Städte wie Mumbai, Shanghai, Ankara, Istanbul, Tel Aviv, Bukarest, Lissabon, Stockholm, Vancouver, San Francisco, Buenos Aires, Lima, Mexico City, Panama und Santiago erfahren.

Das Daily Secret nicht nur eine Schnapsidee ist, sondern international auf dem Vormarsch, zeigt sich auch darin, dass  Endeavour die Unternehmer von Daily Secret zu „high-impact entrepreneurs“ geadelt hat. Darüber hinaus wurde Daily Secret gerade mit 1,8 Mio zusätzlichem Funding ausgestattet (u. a. von BV Capital, die auch schon Groupon oder 9flats groß gemacht haben).

Das Unternehmen finanziert sich ausschließlich über Werbung. Da die Zielgruppe der jungen Städter sehr interessant für die Werbebranche ist, ist Daily Secret – auch ohne das Angebot mit Werbung zu überfrachten – inzwischen profitabel. Übrigens: Griechenland und die Türkei finanzieren dabei aktuell noch die anderen Länder 😉

Wichtig dabei: Die Geheimnisse selbst sind nicht werbefinanziert, sondern werden von lokalen Insidern entdeckt, um sicherzustellen, dass sie auch für die Leserschaft interessant bleiben.

Wien und Berlin sind dabei – und Jobangebote für deutsche Insider

Im deutschsprachigen Raum ist Daily Secret auch aktiv. Seit sieben Monaten veröffentlicht das Unternehmen Geheimnisse aus Wien (die ich gleich mal abonniert habe, da ich ab und zu dort bin) und die Edition für Berlin  ist auch schon freigeschaltet. Geheimtipps für weitere deutsche Städte sind in Planung.

Beispiel_Secret aus Wien

Phaedra Chroussos hat mir das so erklärt: „Wir suchen für jede größere Stadt einen ‚Insider‘, der ca. 5 Geheimnisse pro Woche liefern kann“. Bezahlt wird übrigens unter anderem in Stock Options von einem rasant wachsenden Unternehmen. Also: Wenn ihr eure Stadt liebt und ihre Geheimnisse kennt, nehmt einfach mit Phaedra Kontakt auf.

Demnächst auch mobil

Gespannt bin ich auch auf die mobile App, die aktuell entwickelt wird. Neben den üblichen Geheimnissen wollen die Gründer von Daily Secret stärker die Möglichkeiten der Geolokalisierung nutzen, so dass man auch spontan auf interessante Orte, Restaurants, Bars, Geschäfte etc. in der Nähe aufmerksam gemacht werden kann.

Die Good-Karma-Initiative geht weiter

Sowohl Nikos als auch Pheadra sind erfahrene Unternehmer. „Wir haben selbst Mentoren, die uns helfen und wir helfen wiederum Dritten als Mentoren“, erklärt Phaedra. So unterstützen sie unter anderem durch den Verteiler selbst, aber auch durch Räume und Beratung andere Startups in Athen, die gerade dabei sind ihr Unternehmen zu gründen. Gutes Karma kann man hoffentlich weiter geben.

Ich freue mich über die tolle Idee und ihre Initiative.

Zum Abschluss noch ein schönes Video über Athen von Daily Secret