tradeNOW

Die Renaissance des Tauschhandels

Einst, in der Zeit des prämonetären Zahlungsverkehrs, wurde eine Ware gegen eine andere getauscht. Nach dieser direkten Form des Austauschs von Waren und noch bevor Geld eingeführt wurde, gab es sogenannte „Zwischenmittel“, bestimmte standardisierte Gegenstände wie Werkzeuge, Waffen oder Schmuck, die man gegen Waren tauschen konnte. Die Einführung von Geldmünzen als Zahlungsmittel ist nicht mal 3000 Jahre alt (laut Wikipedia waren es die Lyder im 7. Jahrhundert vor Christus).

In Zeiten und Regionen, in denen viele vieles besitzen, aber Geld eher knapp ist, liegt die Idee eigentlich nahe, wieder auf die traditionellen Mittel des Tauschs zurückzugreifen – nur vielleicht etwas moderner und angepasst an die Zeit.

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Tauschen statt kaufen

Das griechische Unternehmen tradeNOW hat diesen Gedanken aufgegriffen und eine Internet-Plattform geschaffen, über die Waren zwischen Anbietern unterschiedlicher Waren getauscht werden können. „Wir gehen davon aus, dass Unternehmen und Personen zu viele Sachen besitzen, die sie eigentlich nicht brauchen und gerne gegen etwas tauschen würden, was sie benötigen“, so Yiannis Deliyiannis, einer der Gründer von tradeNOW.

Um am Tauschhandel teilzunehmen, muss man sich einmal auf der Plattform registrieren und kann dann kontinuierlich sein „Angebot“ bzw. seine n „Bedarf“ registrieren. Die Plattform übernimmt die Koordination und bringt potentielle Tauschpartner zusammen. Jetzt beginnt der Bazar, in dem die beiden feilschen können, wenn sie wollen. Einigt man sich über eine Differenz im Wert, wird diese Differenz ebenfalls ohne Geld ausgeglichen und in Handelspunkten (Trade Points) bewertet, die bei anderen Tauschvorgängen genutzt werden können.

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Der Deal wird abgeschlossen, indem die Waren entweder über einen Kurier, mit dem tradeNOW zusammenarbeitet, getauscht werden oder man sich in einem tradeNOW-Treffpunkt trifft, beispielsweise einem Café, in dem es dann noch ein Stück Kuchen oder Kaffee aufs Haus gibt.

B2B2C2C – ein kleines Wirtschaftssystem

Im Gespräch mit Yiannis habe ich erfahren, dass hinter tradeNOW mehr als eine einfache Tauschplattform steckt. Im Prinzip handelt sich um ein vollständiges Wirtschaftssystem innerhalb der Plattform. Als eine der ersten Plattformen dieser Art ist sie sowohl für Unternehmen (B2B) als auch für Privatpersonen (C2C ) offen. Außerdem kann natürlich ebenfalls zwischen Privatpersonen und Unternehmen (B2C, C2B) getauscht werden. Aus der Liste der Angebote bzw. des Bedarfs der Nutzer versucht das System automatisiert optimale Tauschpartner zu identifizieren und zusammenzubringen.

Wenn zwischen den Gegenständen, die getauscht werden sollen, eine Wertdifferenz besteht, kann diese über Trade Points ausgeglichen werden. Trade Points können eingekauft, aber nicht wieder zurück in Geld umgewandelt werden. Damit wird Geldwäsche unterbunden. Der Ausgleich der Wertdifferenz durch Trade Points hat den zusätzlichen Effekt, dass alle Handelspartner im System bleiben und weiter tauschen – es will ja schließlich niemand auf seinen Trade Points sitzen bleiben. Die Plattform fungiert dabei in etwa wie eine Zentralbank und sorgt dafür, dass nicht zu viele Trade Points im Umlauf sind. Das erreicht sie, indem Tauschpartner, die zu viele Trade Points haben, höher priorisiert werden. Dadurch wird sichergestellt, dass sie durch neue Tauschangebote ihre Trade Points schnellwieder loswerden. Im Ansatz ähneln die Trade Points damit den aktuell viel diskutierten Bitcoins, mit dem großen Unterschied, dass Trade Points einen festen Handelswert  haben (ein Trade Point entspricht einem Euro) und somit keiner Spekulation unterliegen.

Unterstützung von gemeinnützigen Organisationen

Die Idee von tradeNOW ist in einer Zeit in Griechenland entstanden, in der die wirtschaftliche Situation vieler Haushalte sehr kritisch ist, so dass es sehr verständlich ist, dass die Idee zu tauschen statt zu kaufen auf fruchtbaren Boden stößt. Die Idee der Gemeinnützigkeit verfolgt tradeNOW jedoch noch auf einer anderen Ebene: So arbeitet tradeNOW mit zahlreichen gemeinnützigen Organisationen zusammen, denen man beispielsweise sein Trade Points schenken kann oder die über die Plattform zur Finanzierung oder Schenkung von benötigten Gegenständen aufrufen können. Dazu zählen unter anderem die griechische Organisation zum Schutz von Wildtieren Arcturos, die Vereinigung der Hilfsorganisationen für Kinder Mazi gia to paidi, die Hilfsorganisation für Eltern mit krebskranken Kindern Floga sowie Klimaka, eine Organisation, die Personen, die von der Finanzkrise besonders betroffen sind, hilft,  wieder auf die Beine zu kommen.

Die Unternehmer

Die vier griechischen Unternehmer Yiannis Deliyiannis, Michalis Pitsikalis, Giorgos Karamanoglou und Marianthe Stavridou haben tradeNOW 2012 mit eigenem Kapital und viel Einsatz gegründet. Anfang 2013 haben sie die erste private Betaphase erfolgreich durchgeführt und sind nun seit März 2013 in Griechenland online. Ihr Ansatz stößt dabei auf sehr großes Interesse. Obwohl tradeNOW erst wenige Monate aktiv ist, haben bereits über 30 Zeitungen und 2 Sender über das Unternehmen in Griechenland berichtet. Diese frühe Aufmerksamkeit hat ihnen auch geholfen, sehr schnell über 12.000 Einzelmitglieder und 200 Unternehmen auf die Plattform zu bringen.

Trade Now team

Aktuell sind die Unternehmer in Gesprächen mit potentiellen strategischen Investoren und haben das Ziel, 2014 in 2 weitere Länder zu expandieren, vermutlich erst in Süd-Ost-Europa, aber warum nicht auch nach Deutschland?

„Während in den USA B2B- und C2C-Tauschplattformen bereits erfolgreich sind, gibt es noch kaum vergleichbare Ansätze in Europa. Dazu kommt, dass wir mit tradeNOW ein erweitertes Geschäftsmodell im Vergleich zu den amerikanischen Ansätzen haben, das sowohl Konsumenten als auch Unternehmen anspricht“, so Yiannis über die Aussichten.

Das Geschäftsmodell

Das Geschäftsmodell basiert übrigens im Wesentlichen auf Abonnements, also Monats- bzw. Jahresbeiträgen. Für Einzeltransaktionen kann man jedoch auch provisionsbasiert abrechnen. Ende 2013 kommt auch die App raus, so dass man von unterwegs die aktuellen Transaktionen beobachten und begleiten kann.

Nach der Flohmarkt-Welle mit eBay kommt ja vielleicht bald die Tauschwelle mit tradeNOW. Ich bin gespannt.

dealingers

Neueste Gadgets billiger kaufen

Die Gründung und Erfolgsgeschichte von ebay in den 1990er Jahren ist inzwischen legendär. Die Idee, Auktionen ins Internet zu bringen, war bahnbrechend und wurde oft und ohne große Erfolge kopiert. Einige frühe Klone, wie das deutsche Startup Alando, haben es immerhin geschafft, aufgekauft zu werden, andere sind einfach untergegangen. ebay ist und bleibt bis heute die Adresse, wenn es um Auktionen im Internet geht. Aber wie das so ist, alle 15 bis 20 Jahre kommen neue Ansätze auf dem Markt, die versuchen, mehr dem Zeitgeist entsprechen.

Das griechische Unternehmen dealingers hat sich auf die Fahne geschrieben, die Grundidee einer Auktion (konkurrierende Preisangebote um ein Produkt) neu zu definieren. Hierfür haben sich die Gründer Ilias Pantelakis und Jacko Carasso ein neues Geschäftsmodell überlegt und in die Tat umgesetzt. Der erste Erfolg zeigt, dass es funktioniert.

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Das Prinzip: Setzen, sehen, günstiger kaufen

Wenn ich von Zeitgeist spreche, meine ich so etwas wie die riesigen Schlangen, die sich vor den Geschäften (Stores) von Apple bilden, wenn mal wieder das neueste iProdukt auf den Markt kommt. Jeder will heutzutage das neueste, beste, schnellste Gerät haben, am besten, direkt nach Erscheinen. Aber nicht jeder ist bereit, dafür auch den Listenpreis zu zahlen. „Wir konzentrieren uns mit dealingers auf das Segment von hochpreisigen, neuen Produkten und bieten eine einmalige Möglichkeit, diese Produkte weit unter dem Listenpreis zu erwerben“, so Ilias Pantelakis. Die Plattform hat immer eine Auswahl an neuesten Produkten im Angebot. Viel Elektronik, wie Smartphones, Fernseher oder Computer, aber auch mal Damenhandtaschen von Louis Vuitton (Listenpreis 320€). Als Benutzer sieht man das Produkt und den Listenpreis sowie den Button „Schieben um zu sehen“. Will man den aktuellen Preis sehen, zahlt man einen Euro und hat dann sofort und für 10 Sekunden die Möglichkeit, das Produkt zu dem angegebenen Rabatt zu kaufen. Ist einem der Preis immer noch zu hoch und man kauft nicht, senkt sich der Preis automatisch für alle anderen Benutzer um 50 Cent. Mit jedem Klick und jedem Benutzer, dem der Preis immer noch zu hoch ist, wird das Angebot für alle anderen günstiger, bis schließlich einer zuschlägt.

Produkte

„Der Clou ist, dass selbst beim ersten Schieben der Preis mindestens einen Euro billiger ist als der Listenpreis. Man kann also quasi gar nicht verlieren. Benutzer, die ein hohes Risiko eingehen wollen, können auf eine weitere Reduktion warten, Benutzer, die einfach nur ein paar Prozent Rabatt haben wollen, können direkt kaufen“ so Ilias Pantelakis.

Hier noch ein Video zu dealingers (auf Deutsch):

Rabatte und erste Kunden

Während man die Preise beobachtet und sich überlegt, ob man kaufen soll oder nicht, kann man links auch sehen, für welchen Preis ähnliche Geräte in früheren Auktionen verkauft wurden. Die Preise schwanken natürlich je nach Risikobereitschaft der Teilnehmer. „Manchmal sind es nur ein paar Prozent, manchmal auch 50% oder 70% auf den Listenpreis, wie ein iPod, der von 199€ auf 54€ gefallen ist“, so Ilias. Zu den ersten Nutzern und Testern gehörten übrigens zwei weitere griechische Gründer, nämlich die von NOOWIT und incrediblue.

Das Unternehmen und das Geschäftsmodell

Das Geschäftsmodell von dealingers liegt auf der Hand. Sie investieren einen Euro in jeden, der es ausprobieren will. Mit jedem Klick geben sie 50 Cent an die Benutzer zurück und behalten 50 Cent ein. Je günstiger es für den Käufer wird, desto mehr verdient auch dealingers. Sie selbst bezeichnen es als eine Art „reverse auction“, wobei ich sagen würde, dass es etwas weiter geht, da nicht die Menge der gekauften Produkte den Preis reduziert, sondern die Menge der Teilnehmer – also eher eine „crowd auction“.

dealingers_founder

Angefangen hat dealingers Anfang 2012. Die Gründer haben selbst 100.000€ investiert und haben bereits ein erstes Seed-Funding von 150.000€ erhalten. Im November 2012 haben sie noch beim Startup-Wettberwerb „Get in the Ring“ in Griechenland den ersten Preis gewonnen. Obwohl die Plattform erst im Oktober 2012 freigeschaltet wurde, hat sie in Griechenland alleine schon fast 10.000 Nutzer. dealingers expandiert aktuell in die USA. Aber auch in Deutschland kann man den Dienst bereits nutzen – ist ja alles online und es gibt auch eine deutschsprachige Oberfläche.

Aktuell verhandeln die Gründer von dealingers mit weiteren Investoren aus den USA, um die internationale Vermarktung voranzubringen.

Hier noch die Präsentation (Pitch) auf der der Veranstaltung zu „Get in the Ring“ im November 2012:

Ich gehe davon aus, dass das Team den Sprung über den Atlantik schafft. Ich wünsche ihnen noch viel Erfolg.